Gletscher sind die großen Architekten der Natur und formen Landschaften durch den langsamen, aber kraftvollen Prozess der Eisbewegung über Tausende von Jahren. Obwohl man sie oft mit Polarregionen oder Ländern wie Grönland und der Antarktis in Verbindung bringt, gibt es in Europa einige großartige Gletscher.
Diese Eisriesen findet man in Gebirgszügen wie den Alpen, dem Kaukasus und Skandinavien und sie sind nicht nur atemberaubend anzusehen – sie spielen auch eine wichtige Rolle bei der Süßwasserversorgung und dem Ökosystem.
Hier ist ein Blick auf die 7 größten Gletscher Europas, die sowohl beeindruckende Schönheit als auch einen entscheidenden ökologischen Wert bieten.
1. Vatnajökull (Island)
- Größe: 8.100 Quadratkilometer
- Standort: Island
Mit satten 8.100 Quadratkilometern ist Vatnajökull nicht nur der größte Gletscher Europas, sondern auch einer der größten der Welt außerhalb der Polarregionen. Diese massive Eiskappe im Südosten Islands bedeckt etwa 8 % der Insel und ist ein prägendes Merkmal der Landschaft des Landes. Vatnajökull ist auch die Heimat von Islands höchstem Gipfel, Hvannadalshnúkur, der sich an seinem südlichen Rand erhebt.
Unter Vatnajökull liegt eine aktive Vulkanregion, und die Wechselwirkung des Gletschers mit der geothermischen Aktivität darunter führt zu spektakulären Naturphänomenen wie Eishöhlen und Gletscherlagunen. Die berühmte Gletscherlagune Jökulsárlón, wo Eisberge abbrechen und ins Meer treiben, ist eine der berühmtesten Touristenattraktionen Islands. Aufgrund seiner enormen Größe und dynamischen Umgebung wurde Vatnajökull zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.
2. Austfonna (Norwegen)
- Größe: 7.800 Quadratkilometer
- Lage: Spitzbergen-Archipel, Norwegen
Austfonna ist der zweitgrößte Gletscher Europas und bedeckt etwa 7.800 Quadratkilometer auf der Insel Nordaustlandet im abgelegenen Spitzbergen-Archipel in Norwegen. Dieser arktische Gletscher ist gemessen an seiner Fläche die größte Eiskappe Europas und eine der bedeutendsten Gletschermassen der nördlichen Hemisphäre.
Austfonna ist für seine beeindruckenden Eisklippen bekannt, die sich entlang der Küste erstrecken und von denen regelmäßig Eisbrocken ins Meer kalben. Da sich das arktische Klima erwärmt, ist dieser Gletscher zu einem Schwerpunkt für Klimaforscher geworden, die die Auswirkungen der globalen Erwärmung untersuchen. Aufgrund seiner abgelegenen Lage bleibt Austfonna weitgehend unbesucht von Touristen, obwohl er ein beliebtes Ziel für wissenschaftliche Expeditionen ist.
3. Jostedalsbreen (Norwegen)
- Größe: 487 Quadratkilometer
- Standort: Norwegen
Jostedalsbreen, im Süden Norwegens gelegen, ist der größte Gletscher auf dem europäischen Festland und bedeckt eine Fläche von 487 Quadratkilometern. Dieser Gletscher ist ein Highlight des Jostedalsbreen-Nationalparks, wo dramatische Eisformationen einen Kontrast zu den üppig grünen Tälern darunter bilden. Er hat mehrere Äste oder „Gletscherarme“, die sich bis in die umliegenden Fjorde und Täler erstrecken, was ihn zu einem der für Besucher am besten zugänglichen Gletscher Europas macht.
Zu den beliebtesten Gletscherarmen zählen Nigardsbreen und Briksdalsbreen, wo Touristen bei geführten Touren oder auf Wanderwegen ganz nah an das Eis herankommen können. Jostedalsbreen ist nicht nur wegen seiner Größe von Bedeutung, sondern auch wegen seiner Auswirkungen auf die umliegende Umwelt, da das Schmelzwasser des Gletschers in die umliegenden Flüsse und Seen fließt und so zu Norwegens Wasserkraftressourcen beiträgt.
4. Hardangerjøkulen (Norwegen)
- Größe: 73 Quadratkilometer
- Standort: Norwegen
Ein weiterer norwegischer Riese, Hardangerjøkulen, ist der sechstgrößte Gletscher auf dem norwegischen Festland und bedeckt rund 73 Quadratkilometer. Obwohl er kleiner als Jostedalsbreen ist, hat Hardangerjøkulen eine kulturelle Bedeutung, da er als Drehort für den Eisplaneten Hoth in Star Wars: Das Imperium schlägt zurück diente.
Hardangerjøkulen liegt in der Region Hardangervidda, einem beliebten Gebiet für Outdoor-Aktivitäten wie Gletscherwanderungen und Langlauf. Wie viele Gletscher in Europa zieht er sich aufgrund der steigenden globalen Temperaturen zurück, bleibt aber eine der meistbesuchten Gletscherattraktionen Norwegens und bietet atemberaubende Ausblicke auf Eisfelder, schneebedeckte Landschaften und umliegende Bergketten.
5. Aletschgletscher (Schweiz)
- Größe: 81,7 Quadratkilometer
- Standort: Schweiz
Der Aletschgletscher ist der größte Gletscher der Alpen und UNESCO-Welterbe. Er ist 23 Kilometer lang und bedeckt etwa 81,7 Quadratkilometer. Dieser Gletscher ist Teil der größeren Jungfrau-Aletsch-Region in der Schweiz und wird von mehreren Nebengletschern gespeist, was ihn zu einem massiven Eissystem macht, das durch die Schweizer Alpen fließt.
Der Aletschgletscher ist ein wichtiger Teil des Ökosystems der Region und wird seit über einem Jahrhundert von Wissenschaftlern als Indikator des Klimawandels genau beobachtet. Besucher können den Gletscher auf verschiedenen Wanderrouten erkunden oder die atemberaubende Aussicht von nahegelegenen Aussichtspunkten wie dem Eggishorn oder dem Jungfraujoch genießen. Das Schrumpfen des Aletschgletschers in den letzten Jahrzehnten ist eine ergreifende Erinnerung an die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Naturlandschaften Europas.
6. Mýrdalsjökull (Island)
- Größe: 596 Quadratkilometer
- Standort: Island
Mýrdalsjökull ist mit einer Fläche von 596 Quadratkilometern der viertgrößte Gletscher Islands und liegt auf dem Vulkan Katla, einem der aktivsten und potenziell gefährlichsten Vulkane des Landes. Mýrdalsjökull liegt im südlichen Teil Islands, in der Nähe des bekannteren Eyjafjallajökull, des Vulkans, dessen Ausbruch im Jahr 2010 den Flugverkehr in ganz Europa lahmlegte.
Unter dem Gletscher wird Katla regelmäßig auf seismische Aktivitäten überwacht, da ein Ausbruch durch das Schmelzen der Eiskappe des Gletschers massive Überschwemmungen verursachen würde. Trotzdem ist Mýrdalsjökull ein beliebtes Ziel für Schneemobiltouren und Eishöhlenerkundungen und bietet ein aufregendes und schönes Erlebnis der rohen Naturgewalt Islands.
7. Sankt Annafirn (Schweiz)
- Größe: 3 Quadratkilometer
- Standort: Schweiz
Der Sankt Annafirn-Gletscher in der Schweiz ist im Vergleich zu den oben aufgeführten Gletschern zwar kleiner, aber dennoch einer der bedeutendsten Gletscher in den Schweizer Alpen. Sankt Annafirn ist Teil der größeren Region der Berner Alpen, zu der zahlreiche andere Gletscher gehören, die die wunderschönen Alpenseen und -flüsse speisen.
Wie viele Gletscher der Alpen zieht sich Sankt Annafirn schnell zurück und verliert aufgrund der globalen Erwärmung jedes Jahr Eismasse. Er bleibt jedoch ein beliebtes Ziel für Bergsteiger und Kletterer, die die dramatischen Gipfel und eisigen Hänge der Schweizer Alpen erkunden möchten.
Schlussfolgerung: Europas Gletscher sind mehr als nur atemberaubende Landschaften
Europas Gletscher sind mehr als nur atemberaubende Landschaften – sie sind lebenswichtige Ökosysteme, die Süßwasser liefern, Wettermuster beeinflussen und eine entscheidende Rolle im globalen Klimasystem spielen. Die oben aufgeführten Gletscher gehören zu den größten und bedeutendsten des Kontinents und ziehen Touristen, Abenteurer und Wissenschaftler gleichermaßen an.
Doch mit steigenden globalen Temperaturen ziehen sich diese Gletscher mit alarmierender Geschwindigkeit zurück. Das Schmelzen der Gletscher bedroht nicht nur die Umwelt, sondern auch die Lebensgrundlage der Gemeinden, die auf diese natürlichen Wasserreservoirs angewiesen sind. Der Besuch dieser Gletscher ist nicht nur ein aufregendes Abenteuer, sondern auch eine ernüchternde Erinnerung daran, wie dringend Klimaschutzmaßnahmen erforderlich sind, um diese eisigen Wunder für zukünftige Generationen zu bewahren.
Vom hoch aufragenden Vatnajökull in Island bis zum ausgedehnten Aletschgletscher in der Schweiz bieten diese gefrorenen Giganten Europas einige der atemberaubendsten Landschaften und wichtigsten Umweltdienstleistungen der Welt. Wenn Sie also das nächste Mal ein Abenteuer planen, sollten Sie einen Besuch eines dieser bemerkenswerten Gletscher in Betracht ziehen – aber vergessen Sie nicht, vorsichtig zu sein und diese fragilen Ökosysteme so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.